Die geheimnisvolle Insel
… In Arbeit …
Die geheimnisvolle Insel Teil 10
„Ich gehe wohl recht in der Annahme, dass ihr den Namen Halpin weiter tragen und auch so angeredet werden wollt, oder?, fragte Bolger.
„So ist es Andrew. Es muss nicht jeder wissen wer ich wirklich bin.“
„Das kleine Ding hat sicherlich noch größere Verwandtschaft. Was kann diese Kreatur anrichten?“
„Nein“, konterte Halpin, „Es gibt keine großen Verwandten. Diese Wesen sind so klein. Die Eingeborenen auf der Insel nennen sie Darys Visna, die Götter der Toten und Alptraum der Lebenden!“
John schaute etwas irritiert. „Was ist das für eine Bezeichnung?“
Halpin setzte sich auf einen der Stühle. „Sie fressen sich durch die Haut und fressen einen von innen heraus auf. Wenn derjenige stirbt, fressen sie sich wieder nach außen um ein neues Opfer zu finden. Daher der Begriff Götter der Toten, da sie aus ihnen heraus brechen. Der Alptraum der Lebenden erklärt sich von alleine. Zum Glück sind sie tagaktiv. Sonst würde wohl niemand mehr schlafen auf der roten Insel.“
„Rote Insel?“ Bolger und sein Quartiermeister fragten fast gleichzeitig. Dieser Begriff war ihnen nicht unbekannt. Schauermärchen gab es von dieser Insel. Sie sei so rot, weil das Blut eines Dämons dort vergossen worden war. Selbst das Wasser war zeitweilig rot. Krokodile in Menschengestalt streiften über die Insel und töteten alle, die diese Insel betraten. Im Inneren der Insel saß ein weiterer Dämon der eine Truhe mit einer wundersamen Waffe bewachte.
„Diese Insel ist ein Schauermärchen um Kindern Angst zu machen. Ein Hirngespinst. Niemand hat bisher diese Insel gesehen. Sie ist und bleibt ein Märchen,“ sagte Bolger im Brustton der Überzeugung.
Halpin griff in seine Manteltasche und holte eine kleine Rolle hervor.
„Was ist das,“ fragte John.
Andrew Bolger nahm die Rolle und breitete sie auf dem Tisch aus. Es war die Karte einer Insel, diverse Markierungen und Zeichen waren dort eingezeichnet.
„Captain Valmont, wollt ihr behaupten, dass wäre die Lagekarte der roten Insel?“, Bolger lehnte sich vor und betrachte die Karte stirnrunzelnd, „warum ist sie auf so seltsames Leder gemalt?“
„Das ist die rote Insel. Dort findet sich die Waffe um den Schwarzen Herzog ein für alle Mal auszulöschen.“ Halpin grinste selbstzufrieden. „Und das ist kein seltsames Leder, Andrew. Das ist Menschenhaut!“
„Menschenhaut?“ Bolgers Gesichtszüge sprachen Bände.
„Ja, Menschenhaut“, widerholte Halpin, „sie war einem Seemann auf den Rücken tätowiert. Als er das Zeitliche segnete, haben meine Männer ihm die Karte abgenommen.“
John verzog angewidert das Gesicht.
„Wenn die Insel tatsächlich existiert und wir eine Chance haben, den Herzog zu erledigen, dann lasst uns segeln!“, Bolger schlug mit der Faust auf den Tisch.
John betrachtete die glänzenden Augen der Männer skeptisch. Auch er wollte nichts lieber als den schwarzen Herzog am höchsten Mast hängen sehen, andererseits fragte er sich, welches Ziel Halpin verfolgte, nachdem der anfangs nicht besonders zugänglich gewesen war. John befürchtete, dass Bolger von dem unglückseligen Fieber des Alten angesteckt wurde, und nicht mehr klar erkennen konnte, welchen Zweck sie verfolgten.
Er glaubte nicht an die Ammenmärchen, die man über die Insel erzählte, aber dieses kleine rosa Ding, flößte ihm einen gewissen Respekt ein. Noch nie hatte er so ein merkwürdiges Wesen gesehen.
„Nun Mister DeMoor, ich habe den Eindruck ihr seid nicht begeistert?“, Captain Bolger sah seinem Quartiermeister die Vorbehalt an. „Es geht das Gerücht, der schwarze Herzog hat sich die Dienste einer üblen Hexe gesichert. Ich denke, wir können jede Hilfe gebrauchen, die wir kriegen können.“
„Ja, Sir“, erwiderte John, „ich hörte davon. Madame Isadora.“
„Dann sollte vor ihr auf der Hut sein“, Halpin legte die Stirn in Sorgenfalten. „Mit der Hexe ist nicht zu spaßen. Sie hat einst die Aurora in einen Sturm gejagt, der uns beinahe auf den Grund des Meeres gebracht hätte, wenn wir nicht einen so ausgezeichneten Steuermann gehabt hätten.“
John wollte noch etwas sagen, aber Captain Bolger ließ ihn nicht zu Wort kommen.
„Sagen sie der Mannschaft wir setzen Segel, Mister DeMoor!“
John nickte.
„Ja, Sir. Was soll ich mit dem Fremden anstellen? Unter Arrest setzen?“
Bolger lachte.
„Auf See kann er uns nicht entkommen und ein paar kräftige Hände mehr schaden nicht. Sie sind für ihn verantwortlich und behalten ihn im Auge!“
„Verstanden, Sir.“
John nickte und verließ die Kajüte des Captains.
An Oberdeck wartete Morris auf ihn.
„Was passiert jetzt mit mir?“
„Der Captain sagt, zwei helfende Hände können wir gebrauchen.“ John grinste Morris an. „Geh mit an die Ankerwinde. Wir segeln los.“
DeMoor gab einige Befehle. Der Bootsmann rief sie weiter über das Oberdeck. Die Männer kletterten in die Wanden und die Ankerkette wurde hochgezogen. Nachdem die Segel gesetzt waren, setzte sich das Schiff in Bewegung.
Als Bolger und seine Crew anfingen, war diese Brigg mit 12 Kanonen bestückt gewesen. Jeder hatte einen Teil seiner Prise gespendet und so wurde die Farragut im Laufe der letzten zwei Jahre auf 18 Kanonen erweitert. Das war eine gute Feuerkraft. Bolgers Siege veranlassten den ein oder anderen Handelskapitän dazu, sich zu ergeben, wenn Bolgers Flagge hochgezogen wurde.
Morris gesellte sich zu John.
„Wohin geht die Reise?“
„Sei nicht so neugierig Morris“, antwortete John. „Ich hoffe, du bist wenigstens geschickt im Umgang mit Waffen oder liegt dir mehr das Kanonieren?“
„Ich bleibe bei den Waffen.“
Morris hatte es fast vergessen, dass er sich auf einem Piratenschiff befand. Er war sich sicher, das hier war keine reine Kaperfahrt. Er hatte den alten Mann bisher noch nicht wieder gesehen. Was immer mit diesem Halpin war, er musste die Ohren aufhalten. Dieser Halpin schien eine Schlüsselposition inne zu haben.
Der Tag verlief ohne Zwischenfälle. Das zeigte Morris, sein Verdacht war richtig. Es ging um mehr als nur um die Jagd auf Handelsschiffe.
© Caroline Susemihl / T.R. aka Wortman
Die geheimnisvolle Insel Teil 9
5.
Überraschung
Als Morris zu den drei anderen zurückkehrte, hatte sich sein Gesicht verfinstert.
„Was ist los mit ihnen?“, fragte Kat, der die Veränderung zuerst auffiel.
„Stapleton hat die Butchermen geholt“, sagte er kurz angebunden, von dem Gespräch, das sein Schwager mit Weston geführt und das er belauscht hatte, erwähnte er nichts, obwohl ihm die Wut den Hals zu schnürte. Er hatte für vieles Verständnis, in schweren Zeiten drückte man ein Auge zu, manchmal zwei, aber dass Stapelton mit dem üblen Weston gemeinsame Sache machte, war eindeutig zu viel.
„Wir gehen zurück“, sagte Morris, „ich denke, die Soldaten kehren in die Garnison zurück und setzen ihre Suche später fort.“
Der Morgen dämmerte, als John und die Anderen den Rückweg durch die Gänge antraten. Im Hellen war es einfacher im geschäftigen Treiben von Porto Verde unterzutauchen.
„Was tun wir jetzt?“, fragte Kat John atemlos.
Es fiel ihr schwer mit den langen Schritten des Quartiermeisters mitzuhalten.
„Wir machen uns aus dem Staub“, erwiderte er, „wir haben Halpin, die Karte und dieses komische rosa Ding.“
„Stimmt“, stellte Morris fest, „wir sollten weit weg sein, wenn die Butchermen hier eintreffen.“
„Wir!“
John wollte gerade eine harsche Erwiderung ausstoßen, als Halpin ihm den Ellenbogen zwischen die Rippen stieß.
„Stemm dich nicht gegen das Schicksal, Junge. Jede Begegnung hat ihren tieferen Sinn“, orakelte er.
John schüttelte unwillig den Kopf, sagte aber nichts.
„Da ist der Ausgang“, sagte Morris.
Sie gelangten problemlos auf die Straße. John ging voran. Er wollte so schnell wie möglich zurück auf die Farragut. Die Gruppe verließ die Stadt in westlicher Richtung. Ein paar Meilen weiter lag ihr Ruderboot.
Nach gut einer Stunde erreichten sie das Boot.
Kat kletterte ins Boot während die Männer es ins Wasser schoben.
„Ich rudere!“, sagte Morris und schwang sich zuerst in das Ruderboot.
Sie ruderten einige Meilen die Küste entlang als Halpin hinter einigen Bäumen Masten ausmachte.
„Geschickt versteckt in der kleinen Bucht“, sagte Halpin zu John und grinste breit.
Kurze Zeit später machten sie das Boot längsseits fest und kletterten die Strickleiter hoch.
„Wo warst du so lange?“, polterte die Stimme von Captain Bolger über das Deck.
„Wir hatten Probleme mit ein paar Soldaten und mussten uns verstecken, Captain, antwortete John. „Aber dafür habe ich eine gute Nachricht für euch.“
John gab Kat ein Zeichen, dass sie verschwinden sollte. Sie reagierte auch sofort und verschwand unter Deck.
„Wer sind die Beiden?“, fragte Bolger.
„Der alte Mann ist Teil der Nachricht und der Andere hat uns drei gerettet“, antwortete John.
„Man nennt mich Morris“, sagte der Leftenant. „Ich hatte eben Glück, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein, Captain.“
„Also Mister DeMoor, was für eine Nachricht?“, fragte der Captain.
„Lassen sie uns in ihre Kabine gehen. Der alte Mann muss mit.“
John schaute zu Morris: „ Such dir Arbeit an Deck bis eine Entscheidung getroffen wurde, was mit dir passiert.“
Kurz danach saß der Captain an seinem Schreibtisch, während John und Halpin davor standen.
„Was gibt es zu berichten, dass wir hier in der Kabine reden müssen?“
„Captain, Halpin hier ist im Besitz einer Karte.“
„Einer Karte?“ Bolger haute mit der Faust auf den Tisch. „Ich brauche niemanden, der eine Karte eines Schatzes vom Captain X oder Y hat.“
„Es ist kein Schatz, Captain“, antwortete John. „Mehr eine Waffe. Sie könnte uns helfen gegen Captain Black. Halpin, zeig dem Captain, was du mir gezeigt hast.“
Halpin griff in die Tasche und holte den kleinen Sack hervor. Er schüttete den Inhalt auf den Tisch. Der Haufen violett farbener Kügelchen formierte sich und schien sich umzuschauen. Halpin packte das Gebilde wieder in das Säckchen.
„Soll das die Waffe sein?“, sagte Bolger und schaute Halpin fragend an.
Der Alte lachte.
„Das ist eine Kuriosität, wenn ihr es so nennen mögt“, in seinen Augen blitze es listig, „wenn du gegen den schwarzen Herzog antreten willst, wird dieses kleine Ding wohl kaum ausreichen.“
Captain Bolger blickt ungehalten von einem zum anderen. Er hatte nie Grund gehabt an John DeMoor zu zweifeln, aber dieser verrückte Alte, dass war eine Spur zu viel.
„Was erzählst du da Alter?!“, polterte er. Er rückte seinen Stuhl nach hinten der mit einem heftigen Poltern umfiel. „Soll ich dich über die Planken laufen lassen, um dich zu Verstand zu
bringen.“
John überlegte sich vor Halpin zu stellen und ihn gegen den Captain in Schutz zu nehmen. Doch der alte Mann zeigte eine erstaunliche Reaktion.
„Erzähl du mir nichts über das Planken laufen, little Andrew!“, fuhr er den massigen Seemann an und schlug mit der Faust auf den Schreibtisch, „hätte ich dich vor 40 Jahren nicht aus dem Wasser
gefischt, wärst du gar nicht mehr am Leben!“
Bolger schnappte nach Luft.
„Sie sind Lance Valmont!“, stotterte er, „Captain Lance Valmont.“
Halpin sagte nichts, lächelte nur.
„Sie sind seit 30 Jahren mit der Mannschaft der Aurora vermisst“, flüsterte Bolger, „alle halten sie für tot.“
„Das ist eine Ewigkeit her“, Valmont zog die Schultern hoch, „ich bin meine eigene Legende geworden.“
„Und eine sehr lebendige dazu. Wie mir scheint“, sagte John, der den Alten unverhohlen anstarrte. Jeder Seemann kannte die Geschichte der Aurora. „Warum diese Verkleidung? Der andere Namen?“
Valmont seufzte und sah in nachdenklich an.
„Wenn du erlebt hättest, was ich erlebt habe, hättest du vielleicht dasselbe getan.“
Vor dem geistigen Auge des alten Mannes zogen Bilder ungeheuerlichster Ereignisse und grotesker Schrecken vorbei, die ihn in den letzten drei Jahrzehnten ereilt hatten und die er, zu seinem eigenen Erstaunen, überlebt hatte. Alles nahm seinen Anfang auf der „roten Insel“. Er musste unbedingt dorthin zurück und das Undenkbare versuchen – die Zeit zurückzudreh
Die geheimnisvolle Insel Teil 8
Durch die Fenster des Speisezimmers hatte man einen guten Blick über den Hafen von Porto Verde. Der Wind trug das Geräusch vom Doppelschlag einer Schiffsglocke herüber.
„4 Glasen“, murmelte Roallins. Er war etwas früher eingetroffen und stand mit dem Major am offenen Fenster. Jeden Moment musste Mister Weston eintreffen.
Sie brauchten nicht lange zu warten. Nach kurzer Begrüßung und Vorstellung saßen die drei Männer am Tisch und das Abendessen wurde serviert.
„Mister Weston, was treibt sie nach Porto Verde“, fragte Roallins im versucht freundlichem Ton.
„Das ein oder andere Geschäft und eine private Angelegenheit“, antwortete der Kaufmann. „Und was treibt sie hierher, Captain?“
„Die Piraten in der Umgebung. Ich werde sie vernichten und ihre Verbindungen zerstören.“
„Da können Sie sich mit dem Major zusammentun. Er versucht das gleiche hier.“
„Meine Methoden sind andere als die des Captains“, warf der Major ein. „Aber sie funktionieren auch.“ Der Major schaute Weston an. „Das ausgesetzte Kopfgeld reist ihnen voraus Mister Weston.“
„Kopfgeld?“ Roallins wurde hellhörig. „Worum geht es? Diese Nachricht muss an mir vorbeigegangen sein.“
Kein Wunder, dachte Stapelton. Beim Abschlachten hat man kein Gehör für Nachrichten.
Der Kaufmann lehnte sich zurück.
„Meine Braut hat es vorgezogen, wegzulaufen statt mich zu heiraten. Ich will sie zurückhaben. Ich habe eine Menge Geld für dieses Miststück bezahlt.“
Roallins nickte und unterdrückte ein Grinsen. Dass ein junges Mädchen beim Anblick des aufgedunsenen alten Knackers die Flucht ergriff, wunderte ihn nicht.
„Glauben Sie, die ist hier untergetaucht?“
„Das wurde mir berichtet. Deswegen kam ich her. Außerdem kann ich meinen alten Freund Major Stapelton besuchen.“
Der Major nickte nur leicht.
„Nun“, sagte der Captain, „meine Männer kommen morgen hier an. Wenn wir unseren Auftrag erfüllt haben, schauen wir uns gerne mal um.“
Weston grinste boshaft: „Das ist ein Angebot, Captain.“
***
„Wohin wollen sie?“, fragte John Morris angriffslustig.
Er schob sich zwischen den Leftenant und die Kellertür.
„Ich will wissen, was da oben vorgeht.“
„Du willst uns verraten, du Mistkerl“, John zog seinen Dolch und setzte ihm die Spitze an die Kehle.“
Morris zuckte mit keiner Wimper.
„Wenn ich das gewollt hätte, hätte ich euch den Soldaten überlassen können, das Kopfgeld kassiert für dich kassiert und wäre weit, weit weg“, sagte er ruhig.
„Also, was dann?“
John drückte das Messer tiefer in Morris Kehle.
„Ich will nachsehen, wie viele Männer sich in der Garnison befinden. Damit wir endlich hier rauskommen.“
„Ich gehe mit“, knurrte John, „ich habe keine Lust meinen Kopf in der Schlinge sehen.“
„Natürlich“, Morris verdrehte die Augen, „es würde wohl kaum auffallen, wenn zwei Vagabunden in der Garnison herumschleichen.“
Halpin legte John die Hand auf die Schulter.
„Lass gut sein Junge“, er blickte Morris mit zusammengekniffenen Augen an, „ich glaube, er wird uns nicht verraten.“ Er zog ein Amulett in Form eines Auges aus der Tasche, drückte es dem Leftenant auf die Stirn, bevor er sich wehren konnte und fragte, „das werden sie doch nicht, Junge?“
Morris schloss die Augen.
„Nein“, murmelte er.
Halpin blinzelte, zögerte kurz, dann steckte er das Amulett wieder ein und gab John ein Zeichen. Er ließ das Messer sinken. Morris schüttelte sich. Die Trance fiel von ihm ab.
„Bin gleich zurück“, sagte er und verschwand.
John schaute zu Halpin: „Was war das gerade mit dem Amulett?“
„Es hilft, Wahrheiten zu finden!“
„Dann hättest du ihn fragen sollen, wer er ist“, sagte John missmutig.
Halpin überlegte ob er John erzählen sollte, was er gesehen hatte, als das Amulett mit Morris in Kontakt gekommen war, andererseits war es nicht verkehrt, den anderen einen Schritt voraus zu sein.
„Lass gut sein, Junge. Das muss fürs erste reichen. Man sollte solche Artefakte nicht überbeanspruchen, sonst verkehrt sich ihre Magie ins Gegenteil.“
John bezweifelte das, doch er schwieg. Er traute niemand mehr und nahm sich vor, Morris und Halpin bei nächster Gelegenheit loszuwerden.
***
Captain Roallins verabschiedete sich am späten Abend.
Nachdem der Captain gegangen war, stand Weston auf und ging ans Fenster.
„Was macht meine Lieferung?“
Stapelton nahm eine Zigarre aus der Schublade.
„Die Ware hat gute Preise erzielt. Ihren Anteil habe ich in zwei Fässer verpackt. Die lasse ich Ihnen morgen auf ihr Schiff bringen.“
„Das höre ich gerne, Major. Ich gehe davon aus, dass die Cathrina auf dem Rückweg ist um neue Kräfte zu holen.“
„Das ist sie. Vor vier Tagen ist sie wieder gesegelt.“
© Caroline Susemihl / T.R. aka Wortman
Die geheimnisvolle Insel Teil 7
4
Butchermen
Es klopfte an der Tür. Major Stapelton war so vertieft in seine Karten, dass er unwillkürlich zusammenzuckte.
„Herein!“
„Die Tür öffnete sich und sein Adjutant betrat den Raum.
„Entschuldigen Sie die Störung, Sir. Captain Roallins ist eingetroffen und wünscht sie zu sehen.“
„Roallins?“ Der Major war nicht begeistert, diesen Namen zu hören. Er mochte den Captain nicht. Roallins war blutrünstig und gnadenlos, seine Methoden nicht immer legal.
Das Einzige, das Captain Roallins vor einer ordentlichen Gerichtsverhandlung in der Heimat schützte, waren seine überaus großen Erfolge im Kampf gegen Piraten und andere Verbrecher. Stapelton räumte die Karten beiseite. Der Captain brauchte nicht zu wissen, was er plante.
„Ich lasse bitten“, sagte er zu seinem Adjutanten, als er mit Abräumen fertig war.
Der Angesprochene ging zurück zur Tür und öffnete sie.
„Captain Roallins, der Major wird Sie jetzt empfangen.“
Der Captain betrat den Raum, salutierte kurz und setzte sich auf den Sessel, den ihm der Major zuwies.
„Was führt euch her, Captain“, fragte der Major. „Euer Ruf hallt euch voraus. Was ich derzeit nicht gebrauchen kann, ist Aufruhr in Porto Verde.“
Die Ansage des Majors war klar und deutlich.
„Ich werde nicht lange bleiben, Major Stapelton. An der Ostseite der Küste soll es ein Piratenlager geben. Das werde ich ausmerzen. Der Rest meiner Männer kommt Morgen, im Laufe des Tages, hier an.“
Der Major überlegte kurz. Das bedeutete, spätestens in drei Tagen wäre der Captain wieder weg. Das passte ihm sehr gut.
„Gehe ich recht in der Annahme, ihr braucht Quartier für eure Männer, Captain?“
„Darum bin ich hier, Major.“
„Mein Adjutant wird euch eure Quartiere zeigen. Wollen Sie heute Abend mit mir speisen Captain? Zurzeit beherbergen wir Mister Weston.“
„Weston?“, unterbrach er Captain Stapelton. „Dieser dicke Kaufmann aus Port Royal?“
„Sie kennen ihn?“
„Nicht wirklich aber ich habe das Gerücht gehört, er könnte mit Piraten Geschäfte machen.“
Der Major schaute den Captain ernst an.
„Heute Abend möchte ich davon nichts hören. Sie werden beide meine Gäste sein.“
Captain Roallins zog mürrisch die Augenbrauen zusammen. Er hatte Weston noch nicht gesehen, aber ein Mann von solchem Vermögen, der mit nichts nach Port Royal gekommen war, konnte es nur auf unehrliche Weise erworben haben.
***
„Wir müssen aus diesem Keller raus! Der Captain erwartet uns bestimmt längst zurück.“
John rannte gehetzt auf und ab, während Kat sich an einem der Fässer zu schaffen machte. Sie hatte ihren Dolch aus dem Gürtel gezogen und versuchte den Deckel anzuheben, aber ihre Kraft reichte nicht.
„Na Junge, gibt es auf deinem Schiff nicht genug nahrhafte Mahlzeiten?“
Morris fasste sie scherzhaft am Arm und fühlte ihre Muskeln. Kat entzog ihm hastig ihren Arm. Morris betrachtete sie aufmerksam.
„Captain Bolger versorgt seine Mannschaft hervorragend.“
Kat biss sich auf die Lippen. Ich rede nicht gerade wie ein Schiffsjunge, dachte sie ängstlich, der Mann macht mich nervös.
Morris erwiderte nichts. Er zog sein eigenes Messer und hebelte den Deckel des Fasses auf.
„Unglaublich“, flüsterte Kat, „Silberdublonen, ein ganzes Fass voll.“
Morris kniff die Lippen zusammen. Stapelton hintergeht die Krone, dachte er und sah sich um. Er zählte etwa dreißig Fässer, die aufrecht standen. Der Alte hatte recht behalten, Wut stieg in Morris auf, ein Lager für Notfälle. Halpin streckte sich, blickte über den Fassrand.
„Na, damit kann man`ne Menge Not lindern.“
Der Alte grinste breit, nahm eine Handvoll Dublonen heraus und ließ sie in seiner Jackentasche verschwinden. Kat zögerte, aber als sie Morris prüfenden Blick bemerkte, steckte sie sich ebenfalls ein paar Dublonen in die Tasche. Morris schob den Deckel zurück auf das Fass.
„Es wird Zeit den Keller zu verlassen“, sagte er ernst.
Er wusste noch nicht, was er in dieser Angelegenheit unternehmen würde, aber sein arroganter Schwager würde sich nicht einfach so aus der Affäre ziehen können, dafür würde er sorgen.
© Caroline Susemihl / T.R. aka Wortman