Die geheimnisvolle Insel Teil 8
Durch die Fenster des Speisezimmers hatte man einen guten Blick über den Hafen von Porto Verde. Der Wind trug das Geräusch vom Doppelschlag einer Schiffsglocke herüber.
„4 Glasen“, murmelte Roallins. Er war etwas früher eingetroffen und stand mit dem Major am offenen Fenster. Jeden Moment musste Mister Weston eintreffen.
Sie brauchten nicht lange zu warten. Nach kurzer Begrüßung und Vorstellung saßen die drei Männer am Tisch und das Abendessen wurde serviert.
„Mister Weston, was treibt sie nach Porto Verde“, fragte Roallins im versucht freundlichem Ton.
„Das ein oder andere Geschäft und eine private Angelegenheit“, antwortete der Kaufmann. „Und was treibt sie hierher, Captain?“
„Die Piraten in der Umgebung. Ich werde sie vernichten und ihre Verbindungen zerstören.“
„Da können Sie sich mit dem Major zusammentun. Er versucht das gleiche hier.“
„Meine Methoden sind andere als die des Captains“, warf der Major ein. „Aber sie funktionieren auch.“ Der Major schaute Weston an. „Das ausgesetzte Kopfgeld reist ihnen voraus Mister Weston.“
„Kopfgeld?“ Roallins wurde hellhörig. „Worum geht es? Diese Nachricht muss an mir vorbeigegangen sein.“
Kein Wunder, dachte Stapelton. Beim Abschlachten hat man kein Gehör für Nachrichten.
Der Kaufmann lehnte sich zurück.
„Meine Braut hat es vorgezogen, wegzulaufen statt mich zu heiraten. Ich will sie zurückhaben. Ich habe eine Menge Geld für dieses Miststück bezahlt.“
Roallins nickte und unterdrückte ein Grinsen. Dass ein junges Mädchen beim Anblick des aufgedunsenen alten Knackers die Flucht ergriff, wunderte ihn nicht.
„Glauben Sie, die ist hier untergetaucht?“
„Das wurde mir berichtet. Deswegen kam ich her. Außerdem kann ich meinen alten Freund Major Stapelton besuchen.“
Der Major nickte nur leicht.
„Nun“, sagte der Captain, „meine Männer kommen morgen hier an. Wenn wir unseren Auftrag erfüllt haben, schauen wir uns gerne mal um.“
Weston grinste boshaft: „Das ist ein Angebot, Captain.“
***
„Wohin wollen sie?“, fragte John Morris angriffslustig.
Er schob sich zwischen den Leftenant und die Kellertür.
„Ich will wissen, was da oben vorgeht.“
„Du willst uns verraten, du Mistkerl“, John zog seinen Dolch und setzte ihm die Spitze an die Kehle.“
Morris zuckte mit keiner Wimper.
„Wenn ich das gewollt hätte, hätte ich euch den Soldaten überlassen können, das Kopfgeld kassiert für dich kassiert und wäre weit, weit weg“, sagte er ruhig.
„Also, was dann?“
John drückte das Messer tiefer in Morris Kehle.
„Ich will nachsehen, wie viele Männer sich in der Garnison befinden. Damit wir endlich hier rauskommen.“
„Ich gehe mit“, knurrte John, „ich habe keine Lust meinen Kopf in der Schlinge sehen.“
„Natürlich“, Morris verdrehte die Augen, „es würde wohl kaum auffallen, wenn zwei Vagabunden in der Garnison herumschleichen.“
Halpin legte John die Hand auf die Schulter.
„Lass gut sein Junge“, er blickte Morris mit zusammengekniffenen Augen an, „ich glaube, er wird uns nicht verraten.“ Er zog ein Amulett in Form eines Auges aus der Tasche, drückte es dem Leftenant auf die Stirn, bevor er sich wehren konnte und fragte, „das werden sie doch nicht, Junge?“
Morris schloss die Augen.
„Nein“, murmelte er.
Halpin blinzelte, zögerte kurz, dann steckte er das Amulett wieder ein und gab John ein Zeichen. Er ließ das Messer sinken. Morris schüttelte sich. Die Trance fiel von ihm ab.
„Bin gleich zurück“, sagte er und verschwand.
John schaute zu Halpin: „Was war das gerade mit dem Amulett?“
„Es hilft, Wahrheiten zu finden!“
„Dann hättest du ihn fragen sollen, wer er ist“, sagte John missmutig.
Halpin überlegte ob er John erzählen sollte, was er gesehen hatte, als das Amulett mit Morris in Kontakt gekommen war, andererseits war es nicht verkehrt, den anderen einen Schritt voraus zu sein.
„Lass gut sein, Junge. Das muss fürs erste reichen. Man sollte solche Artefakte nicht überbeanspruchen, sonst verkehrt sich ihre Magie ins Gegenteil.“
John bezweifelte das, doch er schwieg. Er traute niemand mehr und nahm sich vor, Morris und Halpin bei nächster Gelegenheit loszuwerden.
***
Captain Roallins verabschiedete sich am späten Abend.
Nachdem der Captain gegangen war, stand Weston auf und ging ans Fenster.
„Was macht meine Lieferung?“
Stapelton nahm eine Zigarre aus der Schublade.
„Die Ware hat gute Preise erzielt. Ihren Anteil habe ich in zwei Fässer verpackt. Die lasse ich Ihnen morgen auf ihr Schiff bringen.“
„Das höre ich gerne, Major. Ich gehe davon aus, dass die Cathrina auf dem Rückweg ist um neue Kräfte zu holen.“
„Das ist sie. Vor vier Tagen ist sie wieder gesegelt.“
© Caroline Susemihl / T.R. aka Wortman
Weiter so. 🙂
Wird immer besser.
Das höre ich doch gerne.
Der nächste Teil wird wohl morgen kommen.